Tschechisches Handelsblatt interessiert sich für Chamer Test-Strategie

Tomáš Procházka, Leiter der Auslandsredaktion der Prager Zeitung Hospodářské noviny (Economic daily), war am Mittwoch mit dem Fotografen Václav Vašků den ganzen Tag über zu Recherchen in Cham. In besonderer Weise beleuchtete er die Grenzsituation in Corona-Zeiten und die Schnelltest-Strategie des BRK.

Von Frank Betthausen

Cham. Als aktiver Kreisverband bekommt das Chamer BRK regelmäßig Besuch von der Presse – von der lokalen sowieso, aber auch von überregionalen Medien. Dass Redakteure aus dem Ausland die Hilfsorganisation im Landkreis beehren, ist dagegen seltener. Die Visite von Tomáš Procházka von der Prager Zeitung Hospodářské noviny (Economic daily), dem tschechischen Handelsblatt, ist vor diesem Hintergrund mehr als nur eine kurze Erwähnung wert. Auch und in besonderer Weise, weil den BRK-Verantwortlichen der Austausch mit Tschechien ein Herzensanliegen ist – genauso wie der grenzüberschreitende Rettungsdienst, der seit 2017 im Kompetenz- und Koordinierungszentrum in Furth im Wald seine Heimat hat.

Tomáš Procházka von der Prager Zeitung Hospodářské noviny (Economic daily), dem tschechischen Handelsblatt, und sein Fotograf Václav Vašků waren den gesamten Mittwoch über in Cham zu Besuch. In der Further Straße trafen sie sich mit BRK-Präsident Theo Zellner (rechts) und BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner (links).

„Die Pandemie hat gezeigt, dass man den Menschen am ehesten helfen kann, wenn man dezentral aufgestellt ist.“ BRK-Präsident Theo Zellner

Procházka war am Mittwoch mit dem Fotografen Václav Vašků den ganzen Tag über zu Recherchen in Cham. In besonderer Weise interessierte er sich für die Grenzsituation in Corona-Zeiten und die Schnelltest-Strategie des BRK. In der Kreisgeschäftsstelle in Cham führte er am Vormittag ein eineinhalbstündiges Interview mit BRK-Präsident Theo Zellner und Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner.

Zuvor hatte er sich mit IHK-Geschäftsführer Richard Brunner getroffen. Im Anschluss standen ein Gespräch mit Landrat Franz Löffler, Goldsteig-Geschäftsführer Andreas Kraus und dem Leiter der Unternehmensgruppe Frey, Helmut Hagner, auf dem Programm. Auch bei Bernhard Bruckbauer von der Bruckbauer Rolladen GmbH waren der Leiter der Hospodářské noviny-Auslandsredaktion und sein Kollege aus der Foto-Redaktion zu Gast.

Nein, des Tschechischen ist er nicht mächtig. Aber: BRK-Präsident Theo Zellner informierte sich trotzdem kurz über den Internet-Auftritt der Prager Zeitung Hospodářské noviny (Economic daily).

Aus dem Interview heraus entwickelte sich am Mittwoch zwischen Zellner, Aschenbrenner und Procházka schnell eine Situationsanalyse des Corona-Geschehens in beiden Ländern. „Die Pandemie hat gezeigt, dass man den Menschen am ehesten helfen kann, wenn man dezentral aufgestellt ist“, sagte Theo Zellner über die Strategie des BRK und des Landkreises Cham, die Covid-Schnelltests nicht zuletzt über den Einsatz ehrenamtlicher Kräfte in die Fläche hinauszutragen.

Nach Cham, Roding, Bad Kötzting und Waldmünchen wird der BRK-Kreisverband im Auftrag des Landratsamts ab nächster Woche auch in Furth im Wald mit einer Teststrecke vertreten sein. „Ich finde es gut, dass Sie so mobil arbeiten“, befand Tomáš Procházka. Und Manfred Aschenbrenner hielt mit Blick auf den Flächenlandkreis Cham und den Ansatz des BRK fest: „Wenn die Menschen nicht zu den Tests kommen, müssen die Tests eben zu den Menschen kommen.“

Theo Zellner bekräftigte, wie wichtig es sei, das Angebot weiter vorzuhalten – allen Lockerungen zum Trotz. „Es ist null Anlass da, beim Testen nachzulassen“, sagte der BRK-Kreisvorsitzende. Die aktuelle Lockerungsdiskussion mache ihm durchaus „ein wenig Angst“, gab er zu verstehen.

Der Wunsch der Menschen nach mehr Freiheiten sei verständlich, „aber man muss schon verdammt aufpassen“, betonte der BRK-Präsident, der aufzeigte, dass es die Politik in diesen Tagen nicht einfach habe. „Es ist wirklich schwierig, das Richtige zu tun.“

Sowohl der BRK-Präsident als auch Procházka erlebten es in ihrem Gespräch und in der Rückschau auf die Pandemie mit Bedauern so, dass Corona die Grenze zwischen Deutschland und Tschechien plötzlich wieder zu einem starren Gebilde gemacht hatte. Auch wenn der Landkreis mit seinen Testzentren an den Übergängen zum Nachbarland gut reagiert habe. „Europa wächst nicht in den Metropolen zusammen, sondern an den Grenzen“, rief Zellner in Erinnerung.

Rund eineinhalb Stunden lang interviewte Tomáš Procházka, Leiter der Auslandsredaktion (rechts), die Chamer BRK-Vertreter. Links Fotograf Václav Vašků

„Europa wächst nicht in den Metropolen zusammen, sondern an den Grenzen.“ BRK-Präsident Theo Zellner

Eine Lehre aus dem Geschehen der vergangenen Monate erkannte er im Interview mit dem leitenden Redakteur aus Prag darin, in einer Pandemie nicht getrennte Staats- oder Hoheitsgebiete zu sehen, sondern „das Inzidenzgebiet“. Zellner wörtlich: „Eine Erfahrung muss die sein: Europa kann dafür sorgen, dass das Testen und Impfen ohne Grenze stattfindet.“

Trotz der Grenze, lautete sein Appell, müsse immer der kürzeste und schnellste Weg das Ziel sein. Bei den Rettungseinsätzen gelte das über die Arbeit des grenzüberschreitenden Rettungsdiensts bereits – bei den Krankentransporten noch nicht. „Die Grenze ist nicht mehr da“, befand auch Tomáš Procházka und umriss damit eines seiner Recherche-Themen in Cham.

BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner skizzierte den Gästen aus Tschechien unter anderem die Strategie der Schnelltests im Landkreis Cham.

Die Ausgangslage im Mai 2021 bewertete Theo Zellner am Mittwoch abschließend deutlich hoffnungsvoller als vor einem Jahr. „Wir haben die Impfungen und die Tests“, sagte er. „Das ist ein Hoffnungsschimmer, dass wir nicht wieder in eine schwere Welle hineingehen.“ 

Die Bewährungsprobe werde allerdings der Herbst bringen, wagte er einen Blick in die Zukunft – und appellierte gleichzeitig an die Bevölkerung. „Nur die Vernunft der Menschen wird uns Erfolg garantieren“, bat er um Rücksicht und Umsicht.