Er wollte ihm „die Last“ anfangs nicht aufbürden

Frank Betthausen
Eine echte Bergwacht-Familie! 1996 stieß Martin Fischer zur Jugendgruppe in Neukirchen, mit 16 Jahren trat er 2001 der aktiven Mannschaft bei. Schon sein Vater und sein Onkel waren seit ihrer Jugend bei den Bergrettern aktiv.

Martin Fischer kämpfte lange mit sich und der Frage, ob er nach acht Jahren seinen Leitungsposten bei der Bergwacht Neukirchen b. Hl. Blut abgeben soll. Am Ende entschied er sich wie seine Stellvertreterin Jessica Obermeier dafür, seine Prioritäten auf die Familie zu setzen. Aus seinem privaten Umfeld kam auch sein Nachfolger an der Bereitschaftsspitze. Sein Bruder Armin erklärte sich „kurz vor Torschluss“ bereit, ihn zu beerben.

Von Frank Betthausen

Neukirchen b. Hl. Blut. Martin Fischer ist die Entscheidung sehr, sehr schwergefallen. Über Wochen hinweg hat er mit sich gerungen, ob er den Schritt nach acht Jahren gehen soll… Was es ihm nicht gerade leichter machte: Der 40-Jährige wusste lange Zeit nicht, an wen er sein Amt als Bereitschaftsleiter bei der Bergwacht Neukirchen b. Hl. Blut übergeben soll. 

Zwar hatte er weit im Voraus angekündigt, dass er seinen Posten bei den Wahlen im Frühjahr aufgeben wird. Und: Er führte eine Reihe von Gesprächen mit potenziellen Nachfolgern. Aber: Von allen bekam er einen Korb. Am Ende war es sein Bruder Armin, der ihm nach reiflicher Überlegung „kurz vor Torschluss“ eröffnete, dass er sich vorstellen könne, ihn zu beerben.

„Ich wollte ihm die Last anfangs nicht aufbürden“, sagt Martin, der sich bei allen Schwierigkeiten, die Führungsposition neu zu vergeben, nie ernsthaft Sorgen um die Zukunft der Bereitschaft gemacht hatte. „Ich war mir sicher, dass sich jemand findet“, sagt er – und freut sich immer noch, dass „sich diese Lösung ergeben hat und die Suche nach den Stellvertretern dann wesentlicher einfacher war“.

So stehen seit März Christina Schütz und Thomas Feigl Armin Fischer zur Seite. Jessica Obermeier, die vier Jahre lang als Vertreterin von Martin Fischer wirkte, hatte sich ebenfalls aus der ersten Reihe verabschiedet.

„Das war und ist doch so etwas wie mein viertes Kind, das ich auf gesunde Beine stellen möchte. Das wollte ich niemandem aufs Auge drücken. Ich mache das ja auch beruflich und tue mich da relativ leicht.“ 

Martin Fischer über den Aus- und Umbau der Bergrettungswache, den er weiter betreut

„Ich würde es nicht ausschließen, dass ich irgendwann wieder ein größeres Amt annehme, möchte mich aber erst einmal auf die Familie konzentrieren“, sagt die 28-Jährige, die Ende August zum ersten Mal Mutter geworden ist.

Auch Martin Fischer zieht keinen endgültigen Schlussstrich. Er bleibt in der Ausbildung aktiv und wird weiter im Ausschuss tätig sein. „Ganz zurückziehen wollte ich mich nicht. Ich bin nicht der Typ, der sagt: Schotten dicht und weg.“

Zumal es mit dem rund 500 000 Euro teuren Um- und Ausbau der Bergrettungswache in Neukirchen, der seit Monaten auf Hochtouren läuft, ein Projekt gibt, das er zu einem erfolgreichen Abschluss führen möchte.

Er tritt auch im Job kürzer

„Das war und ist doch so etwas wie mein viertes Kind, das ich auf gesunde Beine stellen möchte. Das wollte ich niemandem aufs Auge drücken. Ich mache das ja auch beruflich und tue mich da relativ leicht“, erklärt der 40-Jährige, der nach seinem Abschluss an der Realschule in Furth im Wald 2001 eine Bauzeichner-Ausbildung gemacht hatte. 

Nach einigen „interessanten Stationen“ bei Firmen im Landkreis und mehreren Jahren auf Montage arbeitet er heute 30 Stunden pro Woche beim Ingenieurbüro Riedl in Furth.

Dass er parallel zum Ehrenamt auch im Job kürzertritt, war eine weitere sehr bewusste Entscheidung. Im November freuten sich Fischer und seine Frau über die Geburt ihres Sohnes. Die beiden Töchter sind sieben und neun Jahre alt. 

„Es ist genügend los daheim. Ich wollte den Schwerpunkt einfach mehr auf die Familie legen und die Zeit mit den Kindern genießen“, sagt der Neukirchner. Und er ergänzt: „In punkto Bereitschaft finde ich sowieso, dass nach zwei Perioden frischer Wind hergehört.“

Frank Betthausen
Martin Fischer war und ist in Neukirchen auf vielen Feldern gefragt – egal, ob als Bergwacht-Ausbilder, Instruktor Früh-Defibrillation oder Einsatzleiter.

1996 war Fischer zur Bergwacht-Jugendgruppe in Neukirchen gestoßen, mit 16 Jahren trat er 2001 der aktiven Mannschaft bei. Der Weg? Quasi vorprogrammiert! Schon sein Vater und sein Onkel – Fischer wuchs in Stachesried auf – waren seit ihrer Jugend bei den Bergrettern. 

„Mein Großvater hat am Hohenbogen am Lift gearbeitet. Da war ich oft mit dabei – weshalb da schon immer eine Faszination für die Berge, die Natur und die Bergwacht war“, sagt der Aktive, der 2007 seinen Zivildienst an der Rettungswache des BRK in Bad Kötzting abgeleistet und in der Folge die Ausbildung zum Rettungssanitäter durchlaufen hatte.

Warum er sich beim Roten Kreuz und speziell bei der Bergwacht immer zu Hause gefühlt hat? Wegen der Kameradschaft! „Wie bei der Feuerwehr ist das ein ähnlicher Schlag Mensch“, sagt er. Das Wandern, das Klettern, das Skifahren, das Tourenskigehen – das seien gemeinsame Interessen aller Bergwachtler, „die von Haus aus zusammenschweißen“. 

Dazu kämen fantastische Ausbildungsmöglichkeiten. „Hubschrauber, Winchen… Das ist schon auch ein Adrenalin-Kick im Ehrenamt und macht richtig Spaß“, sagt der 40-Jährige, der als Luftretter im Einsatz war, dieses Feld aber zwischenzeitlich den Jüngeren überlassen hat. 

Um die Zukunft ist ihm nicht bange

Auch sonst war und ist der Neukirchner auf vielen Feldern mit seiner Erfahrung gefragt – egal, ob als Bergwacht-Ausbilder, Instruktor Früh-Defibrillation oder Einsatzleiter.

Was die Zukunft der Bereitschaft angeht, ist Fischer nicht bange. Allerdings sieht er einige Herausforderungen auf die Mannschaft zukommen. Es gebe ganz klar einen Generationenwandel…

„Wir haben eine relativ starke Truppe mit knapp 50 Mitgliedern im Alter von 15 bis 80 Jahren. Aber die Zeiten ändern sich“, meint der frühere Bereitschaftsleiter. Die „allgegenwärtige Aufgabe“ werde es sein, neue Anwärter zu gewinnen und weiterhin Menschen fürs Ehrenamt zu begeistern.

Große Hoffnungen setzen er und sein Bruder auf die Jugendgruppe, die aus personellen Gründen in den vergangenen Jahren „eingeschlafen“ war. Armin Fischer hat vor, sie spätestens zur Einweihung der neuen Wache im Frühjahr wieder aufleben zu lassen. „Darauf bauen wir“, sagt Martin, der selbst gerne an seine Bergwacht-Jugend zurückdenkt. „Das war so eine schöne, wertvolle Zeit.“

Eine Aussage, die der 40-Jährige auch auf seine Stellvertreterin Jessica Obermeier bezieht. „Aus der Zusammenarbeit hat sich eine innige Freundschaft entwickelt. Wir haben immer noch fast täglich Kontakt“, erzählt er und ist ihr immer noch „extrem dankbar“ dafür, dass sie sein zuverlässiges Backoffice gewesen sei. 

„Wir haben mehrere nicht ganz so einfache Förderverfahren durchlaufen – etwa für unseren Neubau. Da hat sie die für sämtliche Skripte und Präsentationen verantwortlich gezeichnet, was eine Riesenhilfe war.“

„Ich glaube, wir haben uns gut ergänzt durch unsere unterschiedlichen Blickwinkel.“ 

Jessica Obermeier, vier Jahre stellvertretende Bereitschaftsleiterin, über die Zusammenarbeit mit Martin Fischer

Frank Betthausen
Im Frühjahr übergab Martin Fischer (links) die Verantwortung für die Bergwacht Neukirchen b. Hl. Blut an seinen Bruder Armin (rechts). Jessica Obermeier, die vier Jahre lang als stellvertretende Bereitschaftsleiterin gewirkt hatte, zog sich ebenfalls aus der ersten Reihe zurück. Armin Fischer wird bei seinen Aufgaben von Christina Schütz und Thomas Feigl unterstützt.

Fischer und damit der gesamten Bergwacht kam dabei Obermeiers Vorliebe fürs Organisieren zugute. Sie liebe diese Tätigkeit, sagt die 28-Jährige – „genauso wie die Gemeinschaft und das Ehrenamt“.

Die junge Mutter war 2011 zur Bergwacht gekommen und hatte von 2017 bis 2021 erste Vorstandserfahrungen als Schriftführerin gesammelt. In ihrer Rolle als stellvertretende Bereitschaftsleiterin lag der Schwerpunkt für sie nach eigenen Angaben „vor allem auf dem Förderverein mit den Veranstaltungen und dem restlichen Vereinsleben“. Martin habe eher den einsatztechnischen Part übernommen.

Die Kooperation mit ihm wusste Obermeier, die nach einer Ausbildung zur Hotelkauffrau Wirtschaftsingenieurwesen studierte und als Projektleiterin bei der Firma Zollner arbeitet, vier Jahre lang sehr zu schätzen. „Ich glaube, wir haben uns gut ergänzt durch unsere unterschiedlichen Blickwinkel“, sagt sie.

Sie ist weiter für den Verein da

Unter dem Strich habe ihr die Arbeit sehr viel Spaß gemacht. Natürlich habe es Höhen und Tiefen gegeben, das wisse wahrscheinlich jeder Vereinsvertreter. „Aber man wächst mit seinen Aufgaben“, sagt sie.

So hat sie – auch wenn sie vorerst ihr Privatleben in den Fokus rückt – nicht vor, sich komplett zurückzuziehen. „Ich schaue, dass ich das, was ich für den Verein tun kann, weiterhin machen werde“, kündigt sie an. 

Ehrensache war es für sie, an der Seite ihres bisherigen Bereitschaftsleiters das Amt des Hüttenwarts zu übernehmen, um das Bauprojekt neben der Feuerwehrzentrale am Hungerbühl, „das wir gemeinsam gestartet haben“, in den nächsten vier Jahren in den Alltag zu überführen.

So schwer ihr und Martin Fischer die Entscheidung, sich aus den „Spitzenämtern“ herauszulösen, gefallen ist, so glücklich sind die beiden über die neuen Perspektiven und Gelegenheiten, immer noch mitzugestalten…