Das 14-jährige, schwerstbehinderte Mädchen lebt seit Dezember in Ninos Kinderhaus in Roding. In Regensburg sollte die Jugendliche am Sonntag erstmals den Leib Christi empfangen. Da sich niemand fand, der ihren Liegendrollstuhl hätte transportieren können, sprang das BRK Cham mit seinem Herzenswunschmobil und einem Lastwagen ein.
Von Frank Betthausen
Roding. Paula hatte nicht das Glück, gesund auf die Welt zu kommen. Springen, toben, spielen, lachen… All die kleinen und großen Glücksmomente, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind, waren ihr und ihren Eltern nie gegönnt. Paula ist 14 Jahre alt und schwerstbehindert. Sie kann weder sprechen, noch gehen oder sitzen und zeigt im Alltag keine erkennbaren Reaktionen auf ihre Umgebung.
„Es ist schwierig, abzulesen, ob sie die Außenwelt wahrnimmt oder nicht, weil sie auch keine Mimik hat“, sagt ihre Mutter Monika Grasser. „Manchmal habe ich schon das Gefühl, aber ich bin da sehr realistisch und versuche, da nicht zu viel hineinzuinterpretieren.“
Ein besonderer, wertvoller Teil der Familie war das Mädchen für die 44-Jährige und ihren Mann Christian (52) – die beiden leben in Landshut und haben drei weitere gesunde Kinder im Alter von fünf, acht und elf Jahren – trotzdem immer.
Und so war klar, dass Paula heuer, organisiert vom Blindeninstitut Regensburg und der Pfarrei St. Bonifaz/St. Georg, ihre Kommunion feiern sollte.
Feier für acht Kinder
Weil sich partout niemand für den Transport ihres rund 100 Kilogramm schweren Liegendrollstuhls von Roding in die Bezirkshauptstadt fand – die Jugendliche lebt seit Dezember in Ninos Kinderhaus in der Arnulfstraße –, sprang am Sonntag das BRK Cham mit einem Lastwagen ein.
Paula selbst wurde zeitgleich mit dem Herzenswunsch-Hospizmobil des Kreisverbands zur Messe nach Regensburg begleitet, die Pfarrer Martin Stempfhuber zelebrierte. Neben der 14-Jährigen erhielten sieben weitere beeinträchtigte Kinder erstmals den Leib Christi.
„Tobias Muhr hat das perfekt und in Windeseile organisiert“, sagt Monika Grasser über den Katastrophenschutzleiter, der diesmal nicht nur im Hintergrund die Fäden zog. Zusammen mit seiner Frau Sonja besetzte er auch den Wünschewagen, den das BRK für solche Fahrten bereithält.
Für den Lkw-Transport stellten sich mit Sigi Iglhaut und Tobias Eichstetter zwei Aktive der Bereitschaften zur Verfügung – ebenfalls ehrenamtlich.
„Wir waren sehr nervös, weil zwei Wochen vor dem Termin immer noch nicht feststand, wie das alles wird und wie wir den Transport schaffen sollen“, erzählt Monika Grasser. Am Ende habe eine Bekannte sie in ihrer Notlage auf das Chamer BRK-Angebot und die Herzenswunschfahrten aufmerksam gemacht.
Paula war im vergangenen Jahr in dem Krankenhaus an der Hüfte operiert worden und anschließend zur Kurzzeitpflege in Ninos Kinderhaus Amberg untergekommen. So entstanden die Kontakte zur Amicus GmbH, die auch die Einrichtung im ehemaligen Rodinger Krankenhaus betreibt.
Tobias Muhr sagte sofort zu
In den im März 2024 eröffneten Räumen werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut, die wegen einer schweren Behinderung oder Erkrankung auf intensive pflegerische Versorgung angewiesen sind. Bis zu ihrem Einzug dort war Paula viereinhalb Jahre in der Obhut des Blindeninstituts Regensburg gewesen.
Während der Ferienzeiten, erzählt Grasser, sei ihre Tochter mit einem Krankentransportwagen noch heim nach Landshut gebracht worden. Mittlerweile habe sich die pflegerische Situation erschwert. „So, wie es jetzt in Roding ist, ist es für alle Beteiligten am besten“, sagt die Niederbayerin, die Paula heute mit ihrem Mann alle zwei, drei Wochen besucht.
Der Einsatz der BRK-Mitarbeiter rund um die Kommunion habe sie beeindruckt. „Wir waren sehr, sehr dankbar. Das hätten wir nicht gedacht, dass wir an diesem Tag zwei Fahrzeuge brauchen. Aber es hat alles wunderbar geklappt“, hält die 44-Jährige fest.
Tobias Muhr hatte wie immer bei den Fahrten mit dem Herzenswunsch-Hospizmobil – Rot-Kreuz-Kräfte machen damit Menschen eine Freude, die das Schicksal schwer getroffen hat – alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Unmögliche möglich zu machen. „Wir haben sofort gesagt, dass wir die Kommunion unterstützen – egal wie!“, meint er.
„Wir waren sehr nervös, weil zwei Wochen vor dem Termin immer noch nicht feststand, wie das alles wird und wie wir den Transport schaffen sollen.“
Paulas Mutter Monika Grasser
So standen am Sonntagmittag Iglhaut und Eichstetter mit dem Lastwagen und die Muhrs mit dem rot-weißen Wunschmobil vor Ninos Kinderhaus. Erwartet wurden sie von Bettina Keßner, Hana Hrachovkova und Natascha Merker.
Das Trio hatte Paula liebevoll für die Kirchenfeier vorbereitet. „Die Kinderhaus-Mitarbeiterinnen haben das Mädchen wunderschön angezogen und ihm die Haare gemacht. Sogar das Basteln der Kommunionkerze hatten sie übernommen. Sie haben alles dafür getan, dass wir einen schönen Tag hatten“, erzählt Tobias Muhr.
Kurz bevor das Wunschmobil Richtung Regensburg losfuhr, ließen Keßner, Hrachovkova und Merker Seifenblasen für Paula aufsteigen...
Unterwegs und in der Kirche St. Bonifaz – dort stieß Paulas Familie hinzu – war neben Sonja und Tobias Muhr Karin Borchers ständig an der Seite der Jugendlichen. „Sie hat sich mit ganz viel Hingabe um unsere Patientin gekümmert – nicht nur, als wir sie aus dem KTW in den Rollstuhl umgelagert haben“, berichtet der Katastrophenschutzleiter.
Lob „für die enorme Hilfe“
Borchers war als Pflegefachfrau bis zu ihrem Ruhestand für das Kinderpalliativteam Ostbayern am Klinikum St. Marien in Amberg tätig und engagiert sich heute als Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Ninos Freunde.
Er wirkt im Hintergrund der Amicus GmbH und hat es sich zur Aufgabe gemacht, intensivpflegebedürftige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Familien zu unterstützen.
„Es ist auch in unserem Alltag immer wieder beeindruckend, zu sehen und zu erleben, wie viele unterschiedliche Initiativen es gibt, die Betroffenen aus der Region Gutes tun“, meint Tobias Muhr, der in dieses besondere Lob seine Rot-Kreuz-Truppe „für die enorme Hilfe“ an diesem Tag mit einbezieht.
Nein, Paula war es vom Schicksal nicht vergönnt, gesund auf die Welt zu kommen, zu springen, zu toben, zu spielen und lachen – aber sie hat das Glück, von Menschen umgeben zu sein, die es gut mit ihr meinen…