Haus am Klosterberg: BRK-Spitze legt ein klares Bekenntnis ab

Frank Betthausen
BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner (links, hier mit Einrichtungsleiter Markus Rappl und BRK-Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner, rechts) ist ein großer Freund des Hauses am Klosterberg. „Wer hierherkommt, erlebt einen beruhigenden Raum in der Hektik Chams. Das ist einer meiner Lieblingsplätze in unserer Kreisstadt“, sagt er.

In der Einrichtung in der Chamer Ludwigstraße, die im Juli 2000 gegründet worden war, unterstützt das Rote Kreuz Menschen in seelischen Ausnahmesituationen. An den Angeboten soll keinesfalls gerüttelt werden. „Diese Arbeit ist bei uns bestens aufgehoben. Das ist nicht nur ein sozialer Standard, das ist etwas, das dringend notwendig ist“, erklärt Kreisvorsitzender Theo Zellner.

Von Frank Betthausen

Cham. Es gibt Zeiten, in denen stellen auch Sozialverbände Tätigkeiten auf den Prüfstand oder setzen den Rotstift an. Besonders schmerzhaft ist das in Bereichen, in denen es die Schwächsten oder Menschen trifft, die dringend auf Unterstützung in Notlagen angewiesen sind – etwa bei Sozialpsychiatrischen Diensten. In Cham – das betonen Kreisvorsitzender Theo Zellner und Kreisgeschäftsführer Manfred Aschenbrenner – wird das nicht passieren.

Die Botschaft und ihr Zeitpunkt sind den beiden umso wichtiger, als das Haus am Klosterberg mit seinen Beratungsangeboten für psychisch belastete und psychisch kranke Menschen in diesem Sommer sein 25-jähriges Bestehen feiert. „Diese Arbeit ist beim Roten Kreuz bestens aufgehoben. Das ist nicht nur ein sozialer Standard, das ist etwas, das dringend notwendig ist“, erklärt Theo Zellner.

Und Manfred Aschenbrenner fügt hinzu: „Was hier seit einem Vierteljahrhundert im Redemptoristenkloster geleistet wird, das ist bemerkenswert und ein soziales Fundament in der Region. Wir stehen als BRK-Kreisverband zu dieser Einrichtung.“

Ein Standort, vier Standbeine

Im Haus am Klosterberg, das im Juli 2000 gegründet worden war, unterstützt das BRK Cham Menschen in seelischen Ausnahmesituationen in vier Bereichen: Ein Standbein ist der Sozialpsychiatrische, ein weiteres der Gerontopsychiatrische Dienst. Dazu kommen das Betreute Einzelwohnen und das Tageszentrum.

Der Sozialpsychiatrische Dienst – zu dessen Angeboten zählen Beratungsgespräche für Klienten genauso wie Kliniksprechstunden oder die Nachsorge nach psychiatrischen Klinikaufenthalten – war im Februar 1992 in Betrieb gegangen. Das Betreute Einzelwohnen – psychisch kranke Menschen werden hier ambulant in ihrem eigenen Zuhause begleitet – hatte der BRK-Kreisverband im November 1995 ins Leben gerufen. 

„Das ist auf die Schnelle nicht originärer Teil des Roten Kreuzes. Aber das Rote Kreuz in seiner Gesamtaufgabe, nämlich, Menschen zu helfen, findet sich hier meines Erachtens sehr stark wieder.“ 

BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner über das Haus am Klosterberg und die sozialpsychiatrischen Leistungen, die dort erbracht werden

Als vor 25 Jahren die Geburtsstunde des Tageszentrums schlug und sich neue Platzmöglichkeiten ergaben, zogen die beiden Bereiche mit in den Ostflügel des Klosters in der Chamer Ludwigstraße um. 

Im April 2008 kam der Gerontopsychiatrische Dienst hinzu. Rot-Kreuz-Beschäftigte unterstützen mit diesem Teil der Arbeit unter anderem Personen, die mit altersspezifischen Erkrankungen wie Demenz kämpfen, an Depressionen leiden oder in Krisensituationen geraten sind, weil sie nahestehende Menschen verloren haben.

Im Tageszentrum erhalten Klienten Hilfe, die wegen chronischer psychischer Leiden längerfristig keine berufliche Anstellung finden. In besonderer Weise geschieht dies über beschäftigungs- und arbeitstherapeutische Angebote wie das Café extra, den Laden extravagant, eine ganze Reihe an Freizeitgruppen oder die Mitarbeit an einer Hauszeitung. 

All das geschieht im Stillen

Ziel ist es laut Einrichtungsleiter Markus Rappl, den Betroffenen zu einer sinnvollen Strukturierung ihrer Tage zu verhelfen und sie dabei zu unterstützen, ihre Kontakt-, Kommunikations- sowie Selbsthilfefähigkeiten zu fördern.

All das geschieht im Stillen und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, ist für Theo Zellner aber dennoch „ein herausragender Teil der Arbeit des BRK im Landkreis Cham“. Der Sozialverband finde über seine Einrichtung im Kloster einen „niederschwelligen Zugang“ zu Menschen, für die das Alltägliche oft zur größten Hürde werde und die in psychischen Problemlagen auf Hilfe, Gespräche und dringende Begleitung angewiesen seien, um wieder ins normale Leben zurückzufinden. 

„Das ist auf die Schnelle nicht originärer Teil des Roten Kreuzes. Aber das Rote Kreuz in seiner Gesamtaufgabe, nämlich, Menschen zu helfen, findet sich hier meines Erachtens sehr stark wieder“, betont der frühere BRK-Präsident.

Frank Betthausen
Seit 25 Jahren ist das Haus am Klosterberg Anlaufstelle für Menschen, die Hilfe in seelischen Ausnahmezuständen brauchen.

Was ihn seit Jahr und Tag besonders beeindrucke, sei nicht nur der Umstand, dass es damals gelungen sei, fernab der Ballungszentren im ländlichen Raum eine Einrichtung wie diese zu etablieren, sondern auch die menschliche Zuwendung, die im Haus am Klosterberg gelebt werde. Erst recht, da sie auf der Basis einer hochkompetenten psychologischen Betreuung spiele.

Dabei macht der frühere Landrat kein Geheimnis daraus, dass ihn der Ort in der Ludwigstraße mit seinem Ensemble aus Klosterkirche, Landkreismusikschule und dem parkähnlichen Garten immer schon gefangengenommen habe. „Wer hierherkommt, erlebt einen beruhigenden Raum in der Hektik Chams. Das ist einer meiner Lieblingsplätze in unserer Kreisstadt“, erklärt er.

Warteliste von bis zu zwei Jahren

Und der „Hort der Ruhe“ erlebt enormen Zulauf. 450 Klienten standen die Beschäftigten des Sozialpsychiatrischen Dienstes im vergangenen Jahr zur Seite. Darunter – laut Rappl „ein echtes Alleinstellungsmerkmal“ – befand sich eine beträchtliche Zahl an Angehörigen, die sich Rat holten. Hinzu kamen die Klienten aus dem gerontopsychiatrischen Bereich, der dem Sozialpsychiatrischen Dienst angegliedert ist.

Im Tageszentrum sind nach Angaben des Einrichtungsleiters derzeit knapp 120 Personen anwesend. Im Betreuten Einzelwohnen – das Angebot ist komplett ausgebucht, Rappls Team führt eine Warteliste von bis zu zwei Jahren – werden aktuell 22 Landkreis-Bürger begleitet.

Bei der Beratung im Sozialpsychiatrischen Dienst ist es dem Referatsleiter „ganz, ganz wichtig“, lange Wartezeiten zu vermeiden. „Wir beraten hier niederschwellig und können im Schnitt bei einer normalen Anfrage innerhalb von einer bis drei Wochen einen Ersttermin anbieten“, erläutert er. Habe ein Klient nur abends Zeit, könne es mitunter etwas länger dauern.

„Der Druck, etwa in der Arbeit, ist mehr geworden, weil alles verdichtet worden ist. Vieles ist stressiger geworden in unserem Leben. Und Stress spielt nach den aktuellen Modellen bei den Hintergründen einer psychischen Erkrankung oft eine sehr auslösende Rolle.“ 

Einrichtungsleiter Markus Rappl

Frank Betthausen
Als vor 25 Jahren die Geburtsstunde des Tageszentrums schlug und sich neue Platzmöglichkeiten ergaben, zogen der Sozialpsychiatrische Dienst und das Betreute Einzelwohnen mit in den Ostflügel des Klosters in der Chamer Ludwigstraße um.

Um mit seinen Angeboten zu den Leuten zu kommen, biete das BRK vierzehntäglich oder vierwöchentlich fünf Außensprechtage in Furth im Wald, Bad Kötzting, Roding, Rötz und Waldmünchen an. Vier davon fänden in BRK-Pflegeeinrichtungen statt.

Wo Rappl in den vergangenen 25 Jahren Veränderungen in der Gesellschaft wahrgenommen hat und wie er sich die hohe Nachfrage nach den Beratungsangeboten erklärt? Die Fragen sind für ihn nicht einfach zu beantworten, da es im Vergleich zu früheren Zeiten doch eine Fülle an grundsätzlichen Alltagserleichterungen gebe und der Mensch heute einen ganz anderen Lebensstandard habe.

„Der Druck, etwa in der Arbeit, ist dennoch mehr geworden, weil alles verdichtet worden ist. Vieles ist stressiger geworden in unserem Leben. Und Stress spielt nach den aktuellen Modellen bei den Hintergründen einer psychischen Erkrankung oft eine sehr auslösende Rolle“, erläutert der Experte. 

Eine andere Offenheit für das Thema

Gleichzeitig hat er eine weitere interessante Erklärung dafür, warum die Betreuungs- und Beratungszahlen steigen. In der Gesellschaft sei inzwischen eine andere Offenheit da, sich Depressionen einzugestehen. Und: Die Versorgungslage sei besser geworden. „Die Menschen kommen mehr in Behandlung – und es gibt mehr Möglichkeiten“, sagt Rappl, der speziell die Betreuungssituation im Landkreis Cham sehr lobt.

Mit der Psychiatrischen Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der medbo in Cham arbeite das BRK sehr gut zusammen. „Dafür ist die Sozialpsychiatrie letztlich immer eingetreten und dafür hat sie sich immer stark gemacht, dass die stationäre Psychiatrie auch in den ländlichen Raum kommt, damit Patienten nicht 80 Kilometer nach Regensburg fahren müssen“, sagt Rappl.

Für ihn und seine Mitarbeiter hat sich zum 25-jährigen Bestehen des Hauses am Klosterberg damit längst ein Geburtstagswunsch erfüllt…
 

Hintergrund: Wetter sorgt für Absage

  • Sommerfest: Das 25-jährige Bestehen des Hauses am Klosterberg – die Einrichtung wird zum Großteil über den Bezirk Oberpfalz finanziert, zehn Prozent steuert der BRK-Kreisverband Cham bei – sollte ursprünglich am Samstag, 2. August, bei einem Sommerfest gefeiert werden.
     
  • Pläne: Die Veranstaltung – Einrichtungsleiter Markus Rappl rechnete mit rund 120 Gästen, unter ihnen Klienten, Angehörige und Vertreter von Selbsthilfegruppen – hätte im Garten in der Ludwigstraße sowie im Café extra stattfinden sollen.
     
  • Entscheidung: Wegen der schlechten Wetterprognosen entschieden sich die BRK-Verantwortlichen jedoch am Freitag kurzfristig, den Termin abzusagen.