Der 54-Jährige lässt sich nach seinen Unterschenkel-Amputationen nicht unterkriegen. Seit dem Spätwinter verwandelte er als jüngster Bewohner der Einrichtung in der Dr.-Adam-Voll-Straße den Garten auf der Dachterrasse in eine grüne Oase. „Für mich ist das ein Zeitvertreib“, sagt er.
Von Frank Betthausen
Furth im Wald. Klaus Gebel ist keiner, der mit dem Schicksal hadert. Er nimmt seine Situation an und macht das Beste daraus. Wer sich mit ihm unterhält, hört ehrliche, direkte Worte – auch wenn es um sein neues Hobby geht.
Der 54-Jährige, dem 2024 beide Unterschenkel amputiert werden mussten, steht mit seinem Rollstuhl auf der Dachterrasse des BRK-Pflegezentrums in Furth im Wald und blickt auf den grünenden, blühenden Garten, den er dort in den vergangenen Monaten aus dem Dornröschenschlaf erweckt hat. „Alles ohne Haxen“, sagt der Further, der aktuell der jüngste Bewohner in der Einrichtung in der Dr.-Adam-Voll-Straße ist.
Dass er dort Mitte Dezember zu so einem frühen Zeitpunkt seines Lebens einziehen würde, hatte er nicht auf dem Schirm – genauso wenig wie den Umstand, dass er dort zum vielgelobten „Gärtner“ werden könnte.
Doch nach den beiden Operationen, denen er sich im Herbst aus gesundheitlichen Gründen unterziehen musste, war klar: Ein Leben wie bisher – an der Seite seines Bruders – wäre nicht mehr möglich gewesen. „Ich hab' das alles gut verarbeitet und hatte mich darauf eingestellt. Aber es ging nicht anders. Wir haben in einem Altbau gewohnt – mit engen Türen und wenig Platz. Das wäre mit dem Rollstuhl nicht möglich gewesen“, erzählt er.
Nach kurzer Bedenkzeit sagte er zu
Die Gärtner-Tätigkeit an seinem neuen Zuhause legte ihm BRK-Mitarbeiterin Anca Moosmüller ans Herz. Nach kurzer Bedenkzeit – Heimleiter Stefan Hupf sicherte ihm zu, für die Kosten aufzukommen – sagte er zu.
So fing er im Februar „schön langsam an“, die Hochbeete auszuräumen und zu säubern, alte Wurzelballen aus den Töpfen und Pflanztrögen zu entfernen und das Areal nach und nach auf Vordermann zu bringen. Im Rollstuhl wohlgemerkt! Die Anlage war zwei Jahre verwaist. Der Bewohner, der sich vorher darum gekümmert hatte, war laut Gebel gestorben.
Der 54-Jährige, der dreimal in der Woche zur Dialyse muss, pflanzte Paprika, Peperoni, Kohlrabi, Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren an und baute Rosen ein. „Wenn mir was gefällt, nehm' ich's mit“, berichtet er von seinen Einkäufen in Furth im Wald. Die tätigt er hauptsächlich bei Blumen Hofmann, aber auch bei Netto oder Norma wird er fündig.
„Mir tut es gut, wenn ich jeden Tag draußen sein kann.“
Klaus Gebel
Bei all dem kommt ihm entgegen, dass er schon immer viel auf Achse war. Gebel machte früher Holz, ging gerne zum Hoiberbrocka und in die Schwammer. „Ich hatte immer Wespen im Arsch“, sagt er. „Seitdem ich den elektrischen Rollstuhl habe, bin ich nur am Umananderfahr'n. Ich bin keiner, der vor dem Fernseher hockt.“
Auch beruflich war er ein Wandervogel. Gebel ist gelernter Konditor, fuhr einige Jahre Lastwagen, kommissionierte für Edeka und Netto, war bei der Flabeg und als Zeitarbeiter bei Zollner… „Ich kann nicht sagen, dass ich 40 Jahre in einer Firma war“, meint er trocken.
Viel Lob für die Arbeit
Seine neue Freizeitbeschäftigung auf der Dachterrasse des BRK sieht er ebenfalls sehr realistisch. Der Further kümmerte sich zwar in den vergangenen Jahren um das kleine Grundstück hinter seinem Elternhaus, mähte dort den Rasen und pflegte ein Hochbeet… „Aber ich hab' gar keinen grünen Daumen“, sagt er. „Für mich ist das ein reiner Zeitvertreib.“
Allerdings ein sehr schöner – und einer, den er trotz aller Bescheidenheit beherrscht. Wer sein Werk über den Dächern der Stadt zu Gesicht bekommt, kann nicht anders, als ihn mit Lob zu überziehen.
„Mir tut es jedenfalls gut, wenn ich jeden Tag draußen sein kann“, sagt Gebel, der seinen Aufenthalt in der BRK-Einrichtung als Übergangszeit betrachtet. Der Further hat die Hoffnung, nach Hause zurückkehren zu können, sobald seine Prothesen fertig sind.
Ein Gedanke, der ihn schon heute umtreibt, ist der, ob er sein Hobby mit dem Auszug nicht trotzdem weiterpflegen könnte… Bei einer passenden Gelegenheit möchte er darüber mit Stefan Hupf reden. „Ich habe noch so viele Ideen“, sagt Gebel.