
Die Notfallsanitäter Kristina Voith und Stefan Dums schauen auch Monate später begeistert auf ihre Zeit in Nordamerika zurück. Beim County of Renfrew Paramedic Service sammelten sie wertvolle Rettungsdienst-Erfahrungen. Für die 25-jährige Schönthalerin – Dums stand ihr während ihrer Ausbildung als Praxisanleiter zur Seite – war der Flug eine Belohnung für ihre hervorragenden schulischen Leistungen. Möglich machte den Auslands-Aufenthalt die Regensburger Rot-Kreuz-Stiftung.
Von Frank Betthausen
Cham. Eine 25-Jährige, die von einer „Ultraerfahrung“ spricht, muss wirklich etwas Außergewöhnliches erlebt haben. Kristina Voith verwendet das Wort auch Wochen später noch gerne, wenn sie von ihren Erfahrungen in Kanada erzählt… Ende Mai verbrachte die frischgebackene Notfallsanitäterin des BRK Cham zusammen mit ihrem Praxisanleiter Stefan Dums eine unvergessliche Woche in dem riesigen Land.
Als Klassenbeste im zweiten Lehrjahr an der BRK-Berufsfachschule für Notfallsanitäter in Regensburg durfte die junge Frau, die ihre Ausbildung zwischenzeitlich mit Top-Noten abgeschlossen hat, damals wertvolle Rettungsdienst-Erfahrungen beim County of Renfrew Paramedic Service sammeln.
Renfrew ist eine Gemeinde im Südwesten der Provinz Ontario und liegt etwa 80 Kilometer von der Hauptstadt Ottawa entfernt.
Möglich gemacht hatte den Aufenthalt die Regensburger Rot-Kreuz-Stiftung, die für die Kosten aufkam und Voith damit für ihre hervorragenden Leistungen belohnte.
Eine einmalige Chance
Nach Felix Premm aus Roding, der 2023 das Flugzeug nach Kanada bestiegen hatte, war die Schönthalerin die zweite Einsatzkraft aus den Reihen des BRK-Kreisverbands Cham, die sich diese besondere Ehre erarbeitete.
„Wer diese Gelegenheit bekommt, sollte das unbedingt machen. Das ist eine Chance, die so nicht wiederkommt“, sagt Stefan Dums (36) in einem Interview mit der BRK-Pressestelle.
Es kam durch eine Reihe interner und externer Umstände erst rund fünf Monate nach dem Reise-Termin vom 24. bis zum 31. Mai zustande, war allen Beteiligten aber ein großes Anliegen.
Das ist ein ganz anderes Leben. Die Leute sind viel lockerer und sehr herzlich. Du wirst überall sofort aufgenommen wie ein Familienmitglied.
Kristina Voith
Die Eindrücke sind jedenfalls noch genauso lebendig wie am ersten Tag nach der Rückkehr. „Diese Erinnerungen werden für immer bleiben“, ist sich Kristina Voith sicher. Nicht nur wegen der einmaligen beruflichen Einblicke, sondern auch wegen der privaten Erlebnisse und Kontakte.
„Das ist ein ganz anderes Leben. Die Leute sind viel lockerer und sehr herzlich. Du wirst überall sofort aufgenommen wie ein Familienmitglied. Wir waren jeden Tag bei einem anderen Kollegen zum Grillen oder ans Lagerfeuer eingeladen und haben bei einem Bier beisammengesessen“, erzählt die 25-Jährige.
Eine Reihe an Unterschieden
Eine „krasse Erfahrung“ sei es gewesen, ein Rettungsdienstsystem wie das kanadische aus der Insider-Sicht zu erleben. „Es unterscheidet sich doch in wesentlichen Punkten von unserem – vor allem, wenn es um Bausteine wie die Community Paramedics geht“, meint Voith.
Da angedacht sei, Ansätze daraus hierzulande zu übernehmen, sei es hochinteressant gewesen, „zu sehen, wie das in der Praxis laufen kann“.
Der Community Paramedic, der in den ländlichen Regionen mit ihren weiten Wegen nicht zuletzt Risikopatienten im täglichen Kontakt präventiv betreut, ist auch für Stefan Dums „der Punkt, über den man sich das meiste mitnehmen könnte für unser System“.
Die Kollegen, deren Ausbildung mit der deutscher Notfallsanitäter vergleichbar sei, hätten ihr eigenes, mit Defibrillator, Monitor und Notfallrucksack ausgestattetes Fahrzeug und übernähmen unter anderem klassische Aufgaben von Hausärzten, die in dem Land selten seien.

„Der zuständige Mitarbeiter schaut sich morgens seine Aufträge durch und arbeitet sie ab – manchmal sechs oder sieben am Tag“, erzählt Dums. Die Aufgaben-Palette ist nach seinen Worten groß. Die Community Paramedics zeichnen für Blutentnahmen bei älteren Patienten, die dafür nicht mehr so ohne Weiteres ins Krankenhaus fahren können, genauso verantwortlich wie für die Gabe von Medikamenten oder Abstriche bei Infekten.
Notärzte gebe es in Kanada überhaupt nicht, erläutert der 36-jährige Chamer. Den klassischen Rettungsdienst – ebenfalls unter dem Dach des County of Renfrew Paramedic Services – dagegen schon!
„Mit ihrem 911-Emergency-Truck fahren die Mitarbeiter die gleichen Einsätze wie wir. Die Notfälle wie der Herzinfarkt werden genauso nach Standards und Leitlinien versorgt wie bei uns“, verdeutlicht Dums.
Unter dem Strich betreue der kanadische Rettungsdienst allerdings bedeutend weniger nicht-kritische Fälle, da dieses Spektrum der Community Paramedic abfange.
Staunen über die Entfernungen
Ein weiterer großer Unterschied zu Deutschland liegt naturgemäß in den Entfernungen. „Die Streckenverhältnisse sind komplett andere“, sagt Kristina Voith. Während in Bayern die Zwölf-Minuten-Hilfsfrist gelte, seien auf der anderen Seite des „großen Teichs“ eineinhalb Stunden Anfahrt zu einem Einsatz keine Seltenheit.
Das Gleiche gelte für den Lebensalltag. „Wenn es bei uns heißt, ich fahre schnell zum Einkaufen, sind das zehn Minuten. Dort drüben können es schnell einmal 90 sein. Aber für die Kanadier ist das völlig normal“, sagt die Notfallsanitäterin und lacht.
Wie sie und ihr Kollege mit der Sprache klargekommen sind? Kristina muss noch einmal grinsen. „Das war, glaube ich, unsere größte Sorge, dass man sich nicht unterhalten kann“, meint sie.
Aber: Im täglichen Miteinander hätten sich alle „richtig Mühe“ gegeben und entsprechend langsam geredet. „So hat man sich mit der einen oder anderen Nachfrage gut verständigen können.“
Die Kollegen, ergänzt Stefan Dums, seien tatsächlich in allen Situationen unglaublich freundlich gewesen und hätten ihren Gästen aus Deutschland bei all dem gerne etwas gezeigt.
Andreas Bauer war unser Tour-Guide und hat das richtig gut gemacht. Das war schon nicht ohne – immerhin war das für uns ein komplett fremdes Land.
Stefan Dums

Bei allen dienstlichen Verpflichtungen blieb während der Woche in Nordamerika ausreichend Raum für Freizeitunternehmungen. So nutzten die Rot-Kreuz-Kollegen den Umstand, dass sie in Toronto aus dem Flugzeug stiegen, gleich einmal für einen Abstecher zu den nahen Niagarafällen.
Ein halber Tag Sightseeing war in Ottawa vorgesehen. Die Stadt liegt unmittelbar an der Grenze zur Provinz Québec und ist mit rund 1,1 Millionen Einwohnern die sechstgrößte des Landes. Der umfassendste Programmpunkt war der Ausflug am Mittwoch, als es mit dem Kanu einen ganzen Tag in Kanadas faszinierende Wildnis ging.
Neben einer Menge an Bildern im Kopf und auf dem Handy brachten Kristina und Stefan viele greifbare Erinnerungen mit. So statteten die Kollegen sie reichlich mit Souvenirs und Geschenken aus – Aufnäher und Pullis waren genauso darunter wie Gläser, Kaffee und Bier.
Die Oberpfälzer revanchierten sich mit Patches und Kaffee aus Cham – als kleines Dankeschön für eine „Ultraerfahrung“…
Hintergrund: Die Kanada-Reise