Zwei Vorbilder, die aus der „Ich-Gesellschaft“ ausbrechen

Fritz Weber und Josef Iglhaut nahmen aus den Händen von stellvertretendem Landrat Markus Müller Ehrenzeichen für ihren jahrzehntelangen Einsatz für die Bergwacht Neukirchen entgegen. „Ihr seid ehrenamtliche Profis. Ihr steht im Leistungsvermögen dem Hauptamt in nichts nach“, lobte der Bürgermeister „seine" Bergretter, denen er erfreuliche Nachrichten zur Erweiterung der Einsatzzentrale mitgebracht hatte. BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner versicherte den Aktiven, „dass sie nicht nur von der Idee der Bergwacht und der Hilfe für andere getragen sind, sondern auch vom Kreisverband Cham“.

Von Frank Betthausen

Neukirchen b. Hl. Blut. Bürgermeister Markus Müller sprach von „herausragenden Ehrungen“: Bei einer Feierstunde der Bergwacht Neukirchen beim Heiligen Blut im Gasthof zum Bach hat Fritz Weber das Große Staatliche Ehrenzeichen am Bande für 50 Jahre Dienstzeit erhalten. Josef Iglhaut freute sich über das Staatliche Ehrenzeichen am Bande für 25 Jahre Dienstzeit. Eine Würdigung, die auch Christiane Baumann erfahren hätte. Sie war bei dem Termin, bei dem Markus Müller den Bergrettern gute Nachrichten zur geplanten Erweiterung der Einsatzzentrale und zwei weiteren „Herzensprojekten“ überbrachte, jedoch verhindert.

„Deshalb bin ich als Bürgermeister umso dankbarer, dass es Menschen wie euch gibt, die nicht auf sich schauen, sondern auf den Mitmenschen und die Gesellschaft.“ Marktoberhaupt Markus Müller

Die Übergabe der Auszeichnungen wäre ursprünglich bei einer großen Dankveranstaltung am 19. Dezember in der Chamer Stadthalle vorgesehen gewesen. „Damals haben uns allerdings das Wetter und der Eisregen einen Strich durch die Rechnung gemacht, weshalb wir den offiziellen Anlass nicht wahrnehmen konnten“, berichtete Bereitschaftsleiter Martin Fischer an der Seite seiner Stellvertreterin Jessica Riederer.

So war es Markus Müller als Marktoberhaupt und stellvertretendem Landrat vorbehalten, die Ehrung nachzuholen. „Die Einzelinteressen werden mehr, die Ich-Gesellschaft wird stärker. Deshalb bin ich als Bürgermeister umso dankbarer, dass es Menschen wie euch gibt, die nicht auf sich schauen, sondern auf den Mitmenschen und die Gesellschaft“, sagte Müller an die Adresse der beiden langjährigen Aktiven.

Fünf Defi-Standorte in der Gemeinde

„Bei euch“, bescheinigte er Weber und Iglhaut, „hat man über all die Jahre gespürt: Eure Tätigkeit ist auch Berufung! Ihr seid – wie alle bei der Bergwacht – ehrenamtliche Profis. Ihr steht im Leistungsvermögen und in der Leistungsbereitschaft dem Hauptamt in nichts nach.“ Müller nutzte die Feierstunde, um allen Bergwachtlern, die Tag und Nacht für ihre Mitmenschen in Bereitschaft seien, zu danken.

Seine Anerkennung sprach er den Neukirchner Aktiven auch für ihre jüngsten Projekte aus: den Aufbau von fünf Defibrillatoren-Standorten in der Kommune und Schulungen für die Ortsvereine im Umgang mit dem Automatisierten Externen Defibrillator (AED).

Fischer und Riederer überbrachte er die frohe Kunde, dass die Vorhaben, die in Summe rund 20 000 Euro an Ausgaben erfordern – unter anderem für Schulungsmaterial und Übungspuppen – über das Regionalbudget Künisches Gebirge des Amts für Ländliche Entwicklung zu je 80 Prozent gefördert werden. „Das verbessert auch wieder die Versorgung und die Betreuung im medizinischen Bereich der Marktgemeinde“, betonte der Bürgermeister.

Genauso erfreulich waren für die Bereitschaftsspitze Müllers Aussagen zur Erweiterung der 1995 eingeweihten Einsatzzentrale, deren Räume sich die Feuerwehr und die Bergwacht teilen. Nachdem dort über einen Anbau bereits zusätzlicher Platz für die Floriansjünger geschaffen worden war, sollen die Bergretter mit künftig rund 150 Quadratmetern ebenfalls deutlich mehr Fläche erhalten.

Im Marktrat, berichtete Müller, sei für den Anbau bei Vorgesprächen Zustimmung signalisiert worden. „Die Gemeinde wird euch finanziell entsprechend unterstützen“, kündigte der Lokalpolitiker an und rief einen Betrag von rund 30 000 Euro auf. „Aber damit ist es noch nicht bezahlt“, meinte Müller, der einen Appell an den BRK-Kreisverband richtete, die Investition zu begleiten. „Ich denke, dass wir das zu einem guten Ende bringen können“, sagte der Bürgermeister.

Kreisvorsitzender Theo Zellner notierte sich den Wunsch und nahm ihn mit zur Prüfung nach Cham. „Die Bergwacht Neukirchen ist ein ganz wichtiger Knotenpunkt im Netz der Hilfe der Bergrettung, aber auch im Netz der Katastrophenhilfe in unserer Region“, sagte der langjährige BRK-Präsident in seinem Grußwort und bescheinigte den Aktiven hohe Leidenschaft, Kompetenz sowie Leistungs- und Ausbildungsbereitschaft. Bei all dem müsse bei der Bergwacht die Gemeinschaft besonders gepflegt werden. „Denn einer ist hier in hohem Maße auf den anderen angewiesen“, sagte Zellner.

Der Feind der Wertschätzung

Die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft, kritisierte er wie Markus Müller einen Wandel im Land, sei immer auch der Feind der Wertschätzung. „Es wird vieles als selbstverständlich betrachtet – und das ist es eben nicht mehr“, befand der Kreisvorsitzende. Gerade mit dem Ende der Pandemie sei feststellbar, „dass wir alle miteinander darum ringen müssen, dass wir nach wie vor genügend Leute im Ehrenamt haben“.

Die Bergwacht bezeichnete der frühere Landrat als „eine wichtige Gemeinschaft in der großen Familie des Roten Kreuzes im Landkreis“. Mit 3000 ehrenamtlichen und 700 hauptamtlichen Kräften – die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt sei ein herausragendes Merkmal – sei das BRK Cham einer der größten Kreisverbände in Bayern.

Vor diesem Hintergrund, sagte der Bad Kötztinger an Martin Fischer und seine Mitstreiter gerichtet, sei es ihm ein Anliegen, „dass ihr spürt, dass ihr nicht nur von eurer Idee der Bergwacht und der Hilfe für andere getragen seid, sondern auch vom Kreisverband Cham“. Als sichtbares Zeichen dafür überreichte er dem Bereitschaftsleiter eine Zuwendung über 500 Euro für die Jugendarbeit.

Fischer nutzte die Auszeichnung von Ehrenbereitschaftsleiter Fritz Weber und Josef Iglhaut als „feierlichen, schönen Anlass“, um auf die Bedeutung der Nachwuchsarbeit hinzuweisen. Die beiden Geehrten bezeichnete er als „seine Ziehväter“.

„Leidenschaft ist das eine, aber dass ich Leute habe, die sich permanent fortbilden und konsequent daran arbeiten, sich weiterzuentwickeln – das ist etwas Herausragendes. Um so weit zu kommen, muss viel Freizeit aufgewendet werden.“ BRK-Kreisvorsitzender Theo Zellner

Iglhaut (56 dokumentierte Einsätze seit Beginn der Aufzeichnungen 2004) sei 1996 mit seinen Söhnen an der Gründung der Bergwacht-Jugendgruppe entscheidend beteiligt gewesen. „Er hat mich in meinen ersten Jahren begleitet und geführt und nahtlos an die aktive Mannschaft übergeben“, sagte Fischer.

Fritz Weber (137 dokumentierte Einsätze seit 2004) habe ihn in der Folge an die Hand genommen und 2017 nach zwölf Jahren an der Spitze das Amt des Bereitschaftsleiters an ihn weitergereicht.

Hintergrund: Neuer Erste-Hilfe-Ausbilder

  • Anerkennung: Besondere Anerkennung wurde an dem Ehrenabend Armin Fischer, dem Bruder von Bereitschaftsleiter Martin, zuteil – allerdings in Abwesenheit; er war verhindert.
  • Lehrberechtigung: Fischer hatte im Juli 2022 die Lehrberechtigung als Erste-Hilfe-Ausbilder erhalten und hätte im Gasthof zum Bach aus den Händen von BRK-Referatsleiter Stefan Raab und Kreisvorsitzendem Theo Zellner sein offizielles Zertifikat überreicht bekommen sollen.
  • Engagement: Der ehemalige BRK-Präsident ließ es sich dennoch nicht nehmen, eine kurze Laudatio auf den Bergwacht-Aktiven zu halten. „Leidenschaft ist das eine, aber dass ich Leute habe, die sich permanent fortbilden und konsequent daran arbeiten, sich weiterzuentwickeln – das ist etwas Herausragendes. Um so weit zu kommen, muss viel Freizeit aufgewendet werden“, meinte Zellner.
  • Projekte: Die Projekte „Herzklopfen“ (dabei werden ehrenamtliche Kräfte bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand alarmiert, um noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes aktiv werden zu können) und „Mobile Retter“ (Ersthelfer in der Nähe erhalten hier per App einen Alarm aufs Smartphone) hätten mit Armin Fischer einen weiteren kompetenten Ansprechpartner vor Ort hinzugewonnen.